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Anträge und Begründung Dr. Lothar Gutsche zur HV 2007

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Ordentliche Hauptversammlung der Volkswagen AG
am 19. April 2007 im Congress Center Hamburg


Guten Tag, meine Damen und Herren! Mein Name ist Lothar Gutsche. Ich vertrete Aktien von Herrn Holger Sprenger, von dem heute schon die Rede war.

Ich habe eine Frage, die kam mir, nachdem Herr Selenz gesprochen hat: Wie hoch ist der Gewinn von VW bei der Fertigung des Cayenne? - Also nicht bei der Fertigung des Touareg, dem eigenen Fahrzeug, sondern bei der Fremdfertigung des Cayenne für Porsche.

Jetzt komme ich auf meine Themen, die ich habe. Es geht in erster Linie um Herrn Hartz, die Verantwortlichkeit von Peter Hartz.

Zu Tagesordnungspunkt 4 der heutigen Versammlung wird laut Einladung von der Verwaltung empfohlen, Herrn Dr. Peter Hartz die Entlastung für das Geschäftsjahr 2005 nicht zu erteilen. Eine solche Nichtentlastung hat aber überhaupt keine rechtliche Konsequenz für den Straftäter Hartz, der am 25. Januar verurteilt wurde.

Frage 1: Warum widerruft VW nicht die betriebliche Altersversorgung oder Ruhegeldbezüge von Peter Hartz?

Als betriebliche Altersversorgung von VW oder Ruhegeldbezüge ist die monatliche bzw. jährliche Zahlung zu verstehen, die Peter Hartz von VW oder einem von VW finanzierten Versorgungswerk oder einer von VW finanzierten Versicherung seit seinem Ausscheiden aus dem VW-Vorstand erhält und die vermutlich in seinem Vorstandsvertrag geregelt ist.

Frage 2: Warum verfolgt der VW-Vorstand diese Aberkennung der betrieblichen Altersversorgung nicht gerichtlich durch alle Instanzen, falls Peter Hartz nicht freiwillig auf weitere Bezüge verzichtet?

Dies will ich jetzt ausführlich erläutern. Begründung für den Widerruf: Ex-Personalvorstand Peter Hartz hat in seiner gesamten Tätigkeit für VW von 1993 bis 2005 dem Unternehmen schwersten Schaden zugefügt. Peter Hartz hat in der gesamten Zeit Millionen veruntreut zur gezielten Bestechung des Betriebsrates. Er hat die betriebliche Mitbestimmung verkauft und damit verraten und so die Betriebsverfassung bundesweit in Verruf gebracht. Er hat sich selbst durch eigenen Spesenmissbrauch bereichert bis hin zu eigenen sexuellen Untreuetaten auf Kosten des Unternehmens. Volkswagen hat gezahlt!

Die von Peter Hartz über die Jahre erbrachte Betriebstreue stellt sich im Rückblick für VW als wertlos heraus. - Diese seltsamen Formulierungen, die ich wähle, stammen aus einem Bundesarbeitsgerichtsurteil vom 8. Mai 1990: 3 AZR 152/88. Deswegen kommen so seltsame Formulierungen. Die stammen nicht von mir, sondern vom Bundesarbeitsgericht beim Widerruf von betrieblichen Altersversorgungen. - Durch seine pflichtwidrigen Aktivitäten zulasten von VW hat Peter Hartz wesentlich dazu beigetragen, dass VW im Wettbewerb erhebliche Kostennachteile besitzt und zugunsten von Porsche regelrecht ausgeplündert werden konnte, ohne dass der Betriebsrat eingeschritten wäre: Kostennachteil durch Löhne und Gehälter in Deutschland 20 % oberhalb des Tarifs, Verlagerungen von Gewinnen aus dem Autohandel und Dienstleistungen um Fahrzeuge des VW-Konzerns in Osteuropa und Österreich auf die Ferdinand Porsche Holding GmbH Salzburg/Österreich, Verlagerung - was Herr Selenz eben beschrieb - des Entwicklungsrisikos für Cayenne und Hybridmotor von Porsche auf VW, Verlagerung der Investitions- und Auslastungsrisiken in der Fertigung des Cayenne von Porsche auf VW.

Das Handelsblatt berichtete am 13. Februar 2006 unter dem Titel „Porsche sieht Alternativen zur Schrumpfkur“ ausführlich über einen Streit zwischen Betriebsrat und Sanierer Bernhard:

„Bernhard unterstrich in der Mitarbeiterzeitung, für wie dringend er die Sanierung von VW hält. Die traditionellen Volkswagen-Werke hätten in den vergangenen Jahren einen hohen dreistelligen Millionenverlust eingefahren. ‚Wenn wir diese Probleme nicht jetzt lösen, steht langfristig das gesamte Unternehmen auf dem Spiel‘, betonte Bernhard. Für Bereiche, die weit von einer Wettbewerbsfähigkeit entfernt seien, müsse die Schließung ins Auge gefasst werden.“

„Der Schaden, der durch das Handeln von Peter Hartz ermöglicht wurde, hat für VW existenzgefährdende Ausmaße angenommen“, so Sanierer Bernhard vor einem Jahr. Peter Hartz hat seine Stellung als Personalvorstand während seiner gesamten Tätigkeit bei VW dazu missbraucht, den VW-Konzern zu schädigen. Die Verstöße von Peter Hartz gegen seine Treuepflicht nach § 242 BGB und § 93 Aktiengesetz können nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den Widerruf der Versorgungszusage rechtfertigen - siehe das Bundesarbeitsgerichtsurteil vom 8. Mai 1990, das ich eben zitiert habe. Eine Berufung von Peter Hartz auf seine Versorgungszusage erscheint deshalb rechtsmissbräuchlich.

Die nächste Frage zu Peter Hartz: Warum stellt VW keinen Strafantrag gegen Peter Hartz wegen seiner Selbstbereicherung und erzwingt nicht eine solche Klage gegebenenfalls nach § 172 Abs. 1 der Strafprozessordnung? Nach Angaben des Braunschweiger Zeitungsverlages vom 27. Januar 2007 „verzichtete die Staatsanwaltschaft Braunschweig ... in der Hartz-Anklage auf den Dirnen-Komplex“ - ich zitiere hier aus der Braunschweiger Zeitung; dieses Wort stammt nicht von mir -, „um Zeit und Kosten zu sparen. Gegenüber den hohen Sonderbonuszahlungen an Volkert betrachtet sie diesen Schaden als geringfügig und vernachlässigbar.“ Oberstaatsanwalt Ziehe bezifferte die Kosten für die o. g. Untreuehandlungen im Fernsehen fälschlicherweise auf unter 6.000 €. Dies ist eine bewusste Falschinformation der Öffentlichkeit. Andreas Kreutzer, Vorsitzender Richter am Braunschweiger Landgericht und Vorsitzender des Niedersächsischen Hauptrichterrates, stellte klar, dass die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts an diesem Handel, dem Deal mit Herrn Hartz, nicht beteiligt war. Sie werde zu Unrecht kritisiert. Gegenstand des Verfahrens und mithin einer Verfahrensabsprache könne nur sein, was auch tatsächlich angeklagt worden sei. Also: Warum wird Hartz wegen seiner Selbstbereicherung nicht angeklagt?

Zweiter Fragenkomplex - sehr kurz -: Regressforderungen gegen Landtagsabgeordnete.

Laut dem aktuellen Geschäftsbericht 2006, Seite 106, ist die endgültige Prüfung von Regressansprüchen in der VW-Affäre gegen die handelnden Personen noch nicht möglich. Die niedersächsischen Landtagsabgeordneten Ingolf Viereck und Hans-Hermann Wendhausen erhielten über mehrere Jahre verbotene Gehaltszahlungen von der VOLKSWAGEN AG. - Die hätte ich auch gerne gehabt! - Beide SPD-Abgeordneten hatten von VW Gehalt bezogen, ohne dafür eine entsprechende Arbeitsleistung zu erbringen. Das hatte zunächst der Landtagspräsident des Bundeslandes Niedersachsen festgestellt - dessen Vertreter jetzt auch nicht mehr da ist, Herr Wulff, und auch der andere, der Herr Hirche - und dann das Verwaltungsgericht Braunschweig in seinen Entscheidungen vom 16. November 2005 unter den Aktenzeichen 1 A 162/05 und 1 A 163/05. Der VOLKSWAGEN AG ist dadurch ein Schaden von rund 766.400 € zuzüglich Zinsen entstanden. Die Frage 4 lautet nun: Hat der VW-Vorstand die illegalen Zahlungen von den beiden Landtagsabgeordneten bereits zurückgefordert? Falls nein: Warum nicht?

Nun möchte ich noch einen Antrag stellen. Dieser Antrag bezieht sich auf den VW-Handel in Österreich und Osteuropa über Porsche:

Ich beantrage nach § 142 Abs. 1 des Aktiengesetzes, die Wengert AG Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Friedinger Str. 2, Singen, als Sonderprüfer für das Geschäft der VOLKSWAGEN AG in Österreich und Osteuropa mit Unternehmen der Familien Piëch und Porsche einzusetzen.

Speziell ist zu prüfen, inwieweit der Autohandel und Dienstleistungen um Fahrzeuge des VW-Konzerns in Österreich und Osteuropa über die Porsche Holding in Salzburg unter besonderer Berücksichtigung der Firmengruppe Škoda zu marktüblichen Konditionen und nicht mit Nachteilen für den Volkswagen Konzern durchgeführt wurden. Insbesondere ist die Entwicklung dieser Geschäfte in den letzten zehn Jahren nach Umsatz per anno darzustellen. Es ist detailliert zu beschreiben, wer die zugehörigen Verträge geprüft hat und Nachteile für VW zu verantworten hat.

Es ist darzulegen, dass die gleichen Geschäfte bei VW auch mit Dritten außerhalb des Umfeldes von Porsche üblich sind, also zum Beispiel beim Autohandel in Westeuropa.

Die Sonderprüfung soll gesellschafts- und strafrechtliche Aspekte sowie die Schadensersatzpflicht des Vorstands und des Aufsichtsrats gegenüber der VOLKSWAGEN AG berücksichtigen, insbesondere ob die für VW nachteiligen Geschäfte mit den Unternehmen der Familien Piëch und Porsche als verbotene Unterstützung des Aktienerwerbs nach § 71 a Aktiengesetz zu bewerten sind, ob die für VW nachteiligen Geschäfte mit Porsche als verbotene Einlagenrückgewähr im Sinne von § 57 Aktiengesetz zu bewerten sind und ob, obwohl es einen Großaktionär Land Niedersachsen gibt,

- der hier durch Abwesenheit glänzt -

Porsche schon heute VW im Sinne von § 17 Abs. 1 Aktiengesetz beherrscht - ein beherrschtes Unternehmen.

Die formale Begründung ist dieselbe wie bei Herrn Selenz. Inhaltlich gibt es aber etwas anderes. Der erste Punkt der Begründung dieses Antrags ist die Verschleierung in der VW-Bilanz, die bisher stattgefunden hat. Im Geschäftsbericht der VOLKSWAGEN AG, der Ihnen jetzt vorliegt, tauchen auf Seite 179 erstmalig unter „Angaben über die Beziehungen zu nahe stehenden Personen und Unternehmen (related parties nach IAS 24)“ die umfangreichen Geschäfte mit den Porsche-Firmen in Salzburg, Budapest, Prag, Belgrad, Bratislava, Bukarest und Lubljana auf. Das Gesamtvolumen der Leistungen, die VW für diese Firmen erbrachte, betrug allein 2006 insgesamt 2,628 Milliarden €. Hinzu kommen 0,71 Milliarden € mit der Porsche AG in Stuttgart. In der Vergangenheit waren diese Geschäfte entgegen den einschlägigen Vorschriften zur Rechnungslegung verschwiegen worden. Die Geschäfte wurden unrichtig dargestellt, was übrigens nach § 400 Aktiengesetz strafbar und möglicherweise sogar eine Bilanzfälschung im Sinne von § 331 Handelsgesetzbuch ist. Dies ist übrigens in der Zwischenzeit von Herrn Selenz auch bei der Bundesstaatsanwaltschaft angezeigt worden, weil ja die Landesjustiz über die Beziehungen von Herrn Wulff außer Kraft gesetzt wurde.

Zweiter Grund für diesen Sonderantrag: Ertragsteuerliche Vorteile bei Eigenhandel der VW-Fahrzeuge. - Es gibt auch noch einen ökonomischen Grund. - Die WirtschaftsWoche berichtet am 7. April 2007 - also vor knapp zwei Wochen - in dem Artikel „Die Salzburg-Connection“:

„Den Import in den Konzern zu holen bringt einen entscheidenden Vorteil: Über ihre internen Verrechnungspreissysteme zwischen Zentrale und Auslandstöchtern können Hersteller niedrige Ertragsteuersätze wie etwa in Rumänien nutzen.“

Wie die Autoren des WirtschaftsWoche-Artikels frage ich: Warum nutzt Volkswagen diese Möglichkeit nicht? Das müssen wir in der Sonderprüfung klären.

Als Drittes zukunftsgerichtet: Furcht vor weiteren Nachteilen für den Volkswagen Konzern. Die WirtschaftsWoche berichtet in dem genannten Artikel vom 7. April 2007 weiter über die Fahrzeuge, die von Porsche importiert werden:

„Insbesondere jene der Marke Škoda, die fast überall in der Region höhere Marktanteile erzielt als Volkswagen selbst und auf der Wunschliste der Salzburger Holding ganz oben stehen dürfte. Bisher konnte die Škoda-Zentrale“

- dieses Unternehmen gehört zu VW -

„in Tschechien zumindest in der Slowakei, Serbien, Bosnien und Mazedonien ihre Vertriebsautonomie bewahren.“

Wir müssen als VW-Unternehmen also schon Vertriebskraft vor Porsche schützen!

Der weitere Aspekte, der laut der WirtschaftsWoche hier in der nächsten Zeit auch noch zu befürchten ist:

„Es gibt noch weiße Flecken auf der Porsche-Import-Karte. Tschechien, Polen und Bosnien sind noch nicht in Porsche-Hand. Denn in allen drei Ländern stehen Volkswagen-Werke. Deren Produkte kann der Konzern im internen Verrechnungssystem mit Ware bezahlen. Der bosnische Generalimporteur ASA etwa produziert in einem Joint Venture mit Volkswagen jährlich 700.000 Bremsscheiben für die Golf-Fertigung in Deutschland. Im VW-Werk Sarajevo werden zugleich Volkswagen-, Audi- und Škoda-Modelle für den lokalen Markt endmontiert. So erspart sich der Konzern bosnische Importzölle. Bisher will Volkswagen die Synergien offenbar nicht der Salzburger Holding opfern.“

Zum Hintergrund: Die Salzburger Holding ist zu 100 % im Besitz der Familienmitglieder von Piëch und Porsche.

Ich gebe der Verwaltung auch eine Kopie. Wir reden hier über 2,6 Milliarden € per anno und über ein Geschäft, das eigentlich eine Marge von 10 %, 15 %, 20 % hat. Jeder kann sich ausrechnen, über wie viel Geld wir über 15 Jahre hinweg reden. Wir reden also über Beträge, die locker in dem Bereich liegen, den Herr Selenz eben nannte: 4,5 Milliarden €. Es können auch 5 Milliarden € oder 6 Milliarden € sein. Das kann ich nicht genau beziffern. Das soll die Sonderprüfung herausbringen. Um diese Betrugssumme geht es, meine Herren: 5 Milliarden €.